603 Ins Wasser fällt ein Stein
Stille
Textlesung aus Joh 14:
Joh
14, 5 Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie
können wir den Weg wissen? 6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die
Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.7 Wenn
ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Und von nun an
kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Spricht zu ihm Philippus: Herr, zeige
uns den Vater, und es genügt uns. 9 Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei
euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den
Vater. Wie sprichst du dann: Zeige uns den Vater? 10 Glaubst du nicht, dass ich
im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede
ich nicht aus mir selbst. Der Vater aber, der in mir bleibt, der tut seine
Werke.
Ausführlichere Betrachtung zu Bild 4:
Wir haben vorhin gehört: Christus ist das Licht, das auf
unseren Weg scheint. Welchen Weg gehen wir? Fühlen wir uns wie in einem
Irrgarten, in dem wir drei Schritte vorankommen, aber wieder 4 Schritte
zurückgehen müssen, um aus einer Sackgasse einen anderen Weg einzuschlagen, der
zumindest auf Sichtweite bis zu einer Biegung nicht endet? Danach aber wissen
wir nicht, ob uns hinter der Biegung doch wieder eine Sackgasse erwartet? Wenn
ja, dann müssen wir noch mehr Kraft aufbringen, um den Weg zurückzugehen und
erneut eine andere Richtung einzuschlagen … .
Oder ist unser Weg wie ein Labyrinth? Der Weg in einem
Labyrinth hat keine Sackgassen, sondern führt zur Mitte. Doch beim Gehen merkt
man, dass man von der Richtung zur Mitte abkommt, weil der Weg wieder nach
außen an den Rand des Labyrinthes führt. Erst ganz am Ende des Weges ist man in
der Mitte angekommen.
Kerstin Carbow schenkt uns mit dem Labyrinth ein Bild, das
ein religiöses Sinnbild ist für unseren Werdegang. Frau Carbow nutzt es bewusst
als freies Symbol. Denn das Labyrinth gehört als Sinnbild zu keiner Konfession
oder Religion. Dadurch kann jede und jeder das Bild aufgreifen, ohne erst eine
Hürde überwinden zu müssen, die religiöse Rituale oder Glaubensvorstellungen
auftürmen können. Mit anderen Worten: Frau Carbow öffnet Menschen mit dem
Sinnbild Labyrinth ein weites Tor. Über
den Werdegang sagt das Labyrinth aus: Finde auf deinem Weg die Mitte. Deine
Mitte. Deine Seele. Und bleibe im Kontakt mit deiner Seele: Ihrem seelischen
Bedürfnis nach Sinn, ihrer Sehnsucht nach Beheimatung, ihrer Hingabefähigkeit
für eine Aufgabe. Schau dir auch an den Innenwänden deiner Seele an, welche
Bilder dort hängen: Bilder der Freude und der Trauer, sowohl Bilder der
Enttäuschung, der Kränkung, des Schmerzes als auch Bilder der Heilung, des
Mitgefühls, der Liebe, der Erfüllung. Alles ist deins, alles gehört zu dir.
Nimm es an und schließe deinen Frieden mit allem. Nimm die Kraft dazu aus Gott.
Nimm die Kraft dazu aus seiner Liebe. Aus seinem Frieden. Aus seiner
Versöhnung. Aus seiner Hoffnung. Aus seiner Auferstehung im Christus. Christus
ist die Brücke zu dir selbst, zu anderen Menschen, zu Gott, der wie ein
beschützender Vater und wie eine liebende Mutter ist. Christus ist der Weg zu
dir selbst, der Weg zu anderen Menschen, der Weg zu Gott. Er sagt es ja auch
selbst: Ich bin der Weg.
Nun tritt uns aber manchmal auf unserem Weg Angst entgegen.
Sie sagt: Geh nicht den Weg zu dir selbst, zu anderen, zu Gott. Was sollst du
auf diesem Weg finden, was sollst du besonders in deiner Mitte finden? Lenke
dich lieber ab mit allem, was dich zerstreut und beruhigt. Denn du wirst da ein
wildes Tier in dir entdecken. Einen Minotaurus, wie die Sprache der
griechischen Mythologie es ausdrückt. Wenn die Angst Jesu Begriffe nutzen würde, dann träfst du in
deiner Mitte deine Dämonen.
Wenn die Angst schließlich in einem gläubigen Menschen
siegt, dann wird er ein Dogmatiker. Also ein starrer Mensch, der an alles
glaubt, solange es ihm nur Halt gibt. Und sei es auch eine noch so absurde
religiöse Theorie wie beispielsweise, dass die Erde 6000 Jahre alt sei, weil
Gott die Welt in 6 Tagen erschaffen habe und ein Tag bei Gott wie tausend Jahre
sind. Ein starrer Mensch sieht nicht, dass er nur vor sich selbst flieht. Die
eisern hochgehaltenen Werte und Lehren sollen im Grunde ihn selbst schützen vor
seiner Angst. Aber das kann er nicht mehr wahrnehmen.
Das Sinnbild des Labyrinthes, das Kerstin Carbow uns vor
Augen führt, macht Mut gegen die Angst. Es ist, als würde sie sagen, „Schau
doch mal genau hin: In der Mitte steht kein wildes Tier, es lauert dort kein
Dämon.“ In der Mitte des Labyrinthes ist Raum. Ein freier Raum. Der Freiraum
für dich. Wenn man statt von der Mitte über die Seele spräche, könnte man
entdecken: In der Seele lauert nichts auf dich. Sie ist deine beste Freundin.
Selbst mit Träumen, die dich nachts ängstigen, will sie dir helfen.
Entschlüssle die Symbole des Traumes und du findest die Kraft, deinen Weg zu
gehen.
Ergänzend würde Christus sagen mit seinem unermesslichen
Vertrauen in den himmlischen Vater: Vertrau IHM. Du verlierst dich nicht, wenn
du deine Mitte findest, sondern du wirst ganz du selbst sein. Du wirst dich
ganz geliebt fühlen. Als mein Bruder, als meine Schwester, … des Christus'
Weggefährten. Amen